hwk-ff / Silke Köppen
Fachkräftesicherung sowie die Gewinnung und das Halten von Lehrlingen – Diese Themen bewegen in der heutigen Zeit viele Betriebe. Die Handwerkskammer Frankfurt (Oder) – Region Ostbrandenburg lud zu einer Ausbilderkonferenz in die Konferenzräume der Kammer nach Frankfurt (Oder) ein. Über 50 Ausbilder aus Handwerksbetrieben, Träger und Verwaltung nutzten die Gelegenheit, neue Impulse zu erhalten.
Ausbilderkonferenz des RWK – Trends und Tipps für Ausbilder
Dozent Stefan Kurze führte die Teilnehmer unterhaltsam durch den Tag und startete mit einem Update Berufsausbildung 2023. Dort ging es u. a. um zielgruppengerechte Ansprache von Jugendlichen, was diese im Alltag so bewegt, welche Neuerungen es bei der Überarbeitung von Berufsbildern und welche Rechtsverordnungen es für Mindestvergütungssätze gibt. Ein Tipp an alle Ausbilder – Auch, wenn man am Verzweifeln ist, was die Arbeitseinstellung von Jugendlichen betrifft: Zuversicht ausstrahlen und nicht resignieren. „Sie als Ausbilder haben es bis hierhergeschafft, dass schaffen die Lehrlinge auch …“, so Stefan Kurze.
Mit Vorbehalten wie z. B. „Menschen mit Behinderungen passen nicht in einen normalen Betrieb“, „Menschen mit Behinderung wirst du nicht mehr los“ und „Menschen mit Behinderung bringen keine Leistung“ stellte Regina Unger, vom Integrationsamt Frankfurt (Oder), Möglichkeiten der Unterstützung von Betrieben vor. Ihr Kollege Matthias Schneider brachte Praxisbeispiele, mit denen sich wohl jeder der Anwesenden identifizieren konnte. Zwei Mitarbeiterinnen der Handwerkskammer Frankfurt (Oder) – Region Ostbrandenburg, die das Thema Inklusion ins Handwerk tragen wollen, stellten sich und ihre Angebote vor. Ilka Pannwitz als Fachberaterin der Einheitlichen Ansprechstelle für Arbeitgeber und Nadine Gielisch als Inklusionsberaterin. Auch die Teams in Cottbus und Potsdam wurden kurz vorgestellt. Das Thema stieß auf großes Interesse.
Ein weiteres wichtiges Thema, bei der Suche nach Lehrlingen, nach Fachkräften und in der Ausbildung, ist die Digitalisierung. Im kurzweiligen Workshop, wo die Mitarbeit Aller gefragt war, gab Martin Hampel von der Stiftung SPI frische Impulse. Welche Medien nutzen Sie im Betrieb? Was wollen Sie damit erreichen? Wer ist meine „Persona“ – Wen will ich erreichen? Eine gute Gelegenheit die eigenen bisherigen Angebote zu analysieren und zu hinterfragen. „Es gibt nicht die eierlegende Wollmilchsau…, machen Sie ALLES… doch: bedenken Sie, haben Sie überhaupt Ressourcen in den Austausch z. B. in den sozialen Medien zu gehen?“ gibt Martin Hampel zu bedenken. Sein Hinweis: „Internetseitennutzer klicken 1-2 Mal, je mehr Unterpunkte, umso größer die Absprungrate. Eine Website für ALLE funktioniert nicht.“ Klare Empfehlung ist die Studie zur Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen anzuschauen.
Eröffnet, mit einem emotionalen Film als Einstieg, wurde die Podiumsdiskussion Interkulturelle Kompetenzen von Oliver Drusst, Projektleiter der bbw Ostbrandenburg GmbH im „Modellprojekt: Unternehmerisch-demokratisch-miteinander für Brandenburg“. Unter seiner Moderation kamen Anika Breetsch (Kosmetikermeisterin), Natalja Kugler (Willkommenslotsin der HWK), Souleman Rabiou Wanda (Lehrling bei Malermeister Noreisch) und Malgorzata Krüger (Bereichsleiterin bbw) zu Wort. Ein gutes Praxisbeispiel, zur Vermittlung ausländischer Jugendlicher (Praktikum, Lehrstelle) in Betriebe, gab Kosmetik-Eule Anika Breetsch, die eine junge Syrerin mit Kopftuch bei sich beschäftigt. Auch Lehrling Souleman, der im Betrieb von Malermeister Noreisch lernt, berichtete über seine Erfahrungen sowohl im Betrieb als auch in der Berufsschule. Mit Unterstützung der Willkommenslotsin der Kammer fand er den Weg ins Malerhandwerk. Obwohl er schon gut deutsch spricht, bereitet ihm u. a. das Verständnis von Fachbegriffen in der Berufsschule Probleme. Für Willkommenslotsin Natalja Kugler ist das nicht neu. Sie begleitet Flüchtlinge bei der passgenauen Besetzung von Lehrstellen und auch während der Ausbildung. Unternehmer sollten viele Punkte beachten, wenn sie Flüchtlinge ausbilden oder beschäftigen möchten. Die Beratung für Betriebe ist kostenfrei. Auch Teilnehmer Wolfgang Sülke, Obermeister der Kfz-Innung, hat von diesem Angebot profitiert und einem syrischen Mitarbeiter die Chance gegeben. Mit Stolz erfüllt ihn, dass der junge Mann es zum Abschluss geschafft hat. „Es ist nicht so einfach Azubis zu finden. Mutti oder Vati sprechen vor… Der syrische Jugendliche kam allein mit dem Zug aus Fürstenwalde, stand vor der Tür, mit einer tollen Bewerbung. Sicher, es gab auch Rückschläge. Unterm Strich hat es sich gelohnt. Die deutschen Lehrlinge sind sehr passiv. Ausländische Jugendliche wissen, dass sie was tun müssen. Habe menschlich viele Erfahrungen gesammelt. Am Ende ist er wie ein Sohn. Fachdeutsch ist nochmal ein anderes Thema, daran soll gearbeitet werden und nach Möglichkeit die Prüfungsfragen zweisprachig (od. in leichter Sprache) gestaltet werden. Für mehr Chancengleichheit.“ Malgorzata Krüger vom bbw informierte zu den dort stattfindenden Projekten zum Thema interkulturelle Kompetenz und forderte die Betriebe auf, die gebotenen und geförderten Beratungsleistungen in Anspruch zu nehmen.
Den Abschluss bildete der Workshop Karriereplanung im 21. Jahrhundert – andere Ansätze, andere Ergebnisse?! des QCW von Nicolas Noack und Marit Tänzel. Hier war wieder Mitarbeit gefragt. Informiert wurde u. a. über vom QCW entwickelte Einstellungstests, zur Unterstützung der Lehrlingsfindung von Betrieben. „Wir versuchen die Jugendlichen ganzheitlich zu sehen und Kompetenzen vorab herauszufiltern,“ so Nicolas Noack. Mit dem spannenden Umfragetool Menti wurde spielerisch das Wissen der Anwesenden zur Zielgruppe Jugendliche getestet. In einer Workshop-Aufgabe reflektierten die Teilnehmer für sich: Welche Angebote gibt es noch nicht bzw. funktionieren/funktionieren nicht? Auf die Zielgruppe bezogen meinte einer der anwesenden Ausbilder: „Die Jugendlichen wissen manchmal gar nicht was sie Tolles haben, toller Betrieb, gute Bedingungen.“ Als Tipp gab es den Hinweis auf mika.foraus.de vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB).
Moderator Stefan Kurze schloss den Tag mit den Worten „Waren schöne Beispiele dabei. Vielen Dank!“
In den Pausen und im Anschluss bestand die Möglichkeit zum Netzwerken, mit der Chance zur Vertiefung von Kontakten und Angeboten.
Ein großes Dankeschön an alle Akteure und das Interesse der Teilnehmer.
Die Veranstaltung fand im Rahmen des Projektes Fachkräftesicherung im Regionalen Wachstumskern (RWK) Frankfurt (Oder)/Eisenhüttenstadt statt. Das Projekt ist gefördert aus Mitteln des Bundes und des Landes Brandenburg im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ – GRW-Infrastruktur.