Anerkennung von Berufsabschlüssen

Berufliches Feststellungsverfahren (Validierungsverfahren)

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Viele erfahrene Berufstätige ohne formalen Berufsabschluss stehen vor Herausforderungen, wenn es um die Anerkennung ihres Könnens geht. Das kann die Jobsuche erschweren oder die berufliche Weiterentwicklung behindern.

Mit dem Validierungsverfahren werden berufliche Kompetenzen bewertet und bescheinigt, die außerhalb einer formalen Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf (Referenzberuf) erworben wurden, jedoch einer solchen vergleichbar sind.

Nach erfolgreichem Abschluss des Verfahrens wird die berufliche Handlungsfähigkeit:

  • bei vollständiger Vergleichbarkeit in einem Zeugnis oder
  • bei überwiegender Vergleichbarkeit in einem Bescheid schriftlich bescheinigt.

Vorteile für Betriebe

Das Validierungsverfahren unterstützt nicht nur Einzelpersonen, sondern auch Unternehmen:

  • Bessere Einschätzung von Qualifikationen: Arbeitgeber können die Fähigkeiten von Mitarbeitenden ohne Berufsabschluss gezielter bewerten.
  • Fachkräftesicherung und Mitarbeiterbindung: Das Verfahren kann Teil einer langfristigen Personalstrategie sein.
  • Gezielte Weiterqualifizierung: Unternehmen können vorhandene Kompetenzen gezielt fördern und weiterentwickeln.
An wen richtet sich das Verfahren?
Das Verfahren richtet sich an Erwachsene, die:
  • mehrjährige Berufserfahrung haben,
  • keinen Berufsabschluss im ausgeübten Beruf besitzen,
  • Interesse an einem Nachweis über ihre beruflichen Kompetenzen haben,
  • für die eine Externenprüfung (noch) nicht in Frage kommt.
Wer kann an dem Validierungsverfahren teilnehmen?
Teilnehmen können Personen, die:
  • mindestens 25 Jahre alt sind,
  • das 1,5-fache der regulären Ausbildungszeit als Berufserfahrung nachweisen können,
  • ihren Wohnsitz in Deutschland haben oder mindestens die Hälfte der erforderlichen Berufserfahrung in Deutschland erworben haben,
  • im Referenzberuf keinen deutschen Berufsabschluss oder keinen anerkannten ausländischen Abschluss besitzen,
  • nicht in einem Berufsausbildungsverhältnis im Referenzberuf stehen.
Sind Deutschkenntnisse nötig?

Das gesamte Verfahren wird auf Deutsch durchgeführt, daher sind ausreichende Sprachkenntnisse nötig. Das betrifft vor allem die Fachsprache im jeweiligen Beruf. Wenn Sie sich unsicher sind, lassen Sie sich von Ihrer Kammer beraten.

Was ist ein Referenzberuf?

Der Referenzberuf ist der duale Ausbildungsberuf, in dem die berufliche Handlungskompetenz festgestellt werden soll.

Wie viel Berufserfahrung braucht man, um an einem Validierungsverfahren teilnehmen zu können?
Um an einem Validierungsverfahren teilzunehmen, ist mindestens das 1,5–fache der regulären Ausbildungszeit des Referenzberufs als einschlägige Berufserfahrung nötig. Diese muss den überwiegenden Teil des Berufsbildes abdecken.
Beispiel: Die Ausbildung im Beruf Friseur/-in dauert drei Jahre. Für eine Bewertung in diesem Beruf müssen mindestens viereinhalb Jahre relevante Berufserfahrung nachgewiesen werden.
Wie lange dauert das Validierungsverfahren?
Die gesamte Dauer hängt unter anderem von den individuellen Voraussetzungen, vom Umfang des Antrags und dem jeweiligen Beruf ab.
Die praktische Bewertung kann, je nach Beruf und Umfang der zu bewertenden beruflichen Handlungsfähigkeit, zwischen einem Tag und mehreren Tagen dauern.
Wie läuft das Validierungsverfahren ab?
Das Verfahren erfolgt in vier Schritten.
  1. Information und Beratung
    Die interessierte Person erhält erste Informationen zum Verfahren und zu den Dokumenten, die für die Antragsstellung benötigt werden. Außerdem kann der passende Referenzberuf identifiziert werden. Der Referenzberuf ist ein dualer Ausbildungsberuf.
  2. Antragsstellung
    Die interessierte Person dokumentiert die beruflichen Fähigkeiten entlang des eigenen Lebenslaufs.
    Für die Antragsstellung werden die Angaben durch Arbeitszeugnisse, Arbeitsnachweise oder Zertifikate belegt. Die zuständige Stelle prüft den eingereichten Antrag und wertet die eingereichten Dokumente und Nachweise aus.
  3. Bewertung
    Ein Feststellungstandem, das aus zwei Prüfern oder Prüferinnen besteht, stellt insbesondere mit praktischen und mündlichen Aufgaben die berufliche Handlungsfähigkeit im gesamten oder in überwiegenden Teilen des Berufsbildes fest.
  4. Ergebnismitteilung
    Abhängig vom Ergebnis des Verfahrens stellt die Kammer ein Zeugnis über die vollständige Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit im Referenzberuf oder einen Bescheid über die überwiegende Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit im Referenzberuf aus.
    Kann keine ausreichende berufliche Handlungsfähigkeit festgestellt werden, wird der Antrag abgelehnt.
Welchen Nutzen hat das Verfahren für Arbeitgeber?
Mit dem Zeugnis / Bescheid der Kammern erhalten Arbeitgeber eine verlässliche Bewertung der beruflichen Handlungsfähigkeit der Mitarbeitenden oder von Bewerber/-innen, die keinen Berufsabschluss haben. So können diese passgenau eingesetzt oder zielgerichtet weiterqualifiziert werden.
Nicht zuletzt bedeutet das Zeugnis bzw. der Bescheid eine besondere Wertschätzung und kann die Mitarbeiterbindung stärken: Beruflich kompetente Menschen können im Betrieb gehalten und motiviert werden, sich weiterzuentwickeln. Somit leistet das Validierungsverfahren auch einen Beitrag zur Fachkräftesicherung.
Gibt es besondere Bestimmungen für Menschen mit Behinderung?
Für Menschen mit Behinderung nach §2 Absatz 1 Satz 1 SGB IX gelten zusätzliche Regelungen:
  • Es kann ein Nachteilsausgleich beantragt werden, wenn sich die gesundheitliche Einschränkung auf die Kompetenzfeststellung auswirkt.
  • Es kann ein Antrag auf eine Verfahrensbegleitung gestellt werden.
Wenn aufgrund von Art und Schwere der Behinderung die Feststellung der überwiegenden oder vollständigen, für die Ausübung des Referenzberufs erforderlichen beruflichen Handlungsfähigkeit nicht möglich ist, gibt es eine zusätzliche Möglichkeit:
  • Es ist ein Antrag auf teilweise Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit möglich.
  • Die Altersgrenze von mindestens 25 Jahren für die Antragsstellung entfällt.
  • Der Bescheid über die teilweise Vergleichbarkeit kann zusätzlich auch eine überwiegende oder vollständige Vergleichbarkeit mit einer Referenzausbildungsregelung gem. §66 BBiG / §42r HwO ausweisen, sofern diese bundeseinheitlich geregelt ist.

Ansprechpartner

Dr. Natallia Malinouskaya-Franke

Referentin Fachstelle Anerkennung

Telefon:0335 5619 - 131

Telefax:0335 5619 - 117

natallia.malinouskaya-franke@hwk-ff.de

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